Das hereditäre Angioödem (HAE) ist eine potenziell lebensbedrohliche, seltene Erkrankung, die durch attackenhafte Schwellungen (Angioödeme) der Haut und Schleimhäute gekennzeichnet ist. Diese farblosen oder leicht geröteten, nicht juckenden Schwellungen können sich über mehrere Stunden entwickeln, aber auch in Form von akuten Attacken auftreten und unbehandelt 2–7 Tage andauern. Schwere und Dauer der Attacken sind individuell ausgeprägt, manche Patient:innen zeigen vor einer eigentlichen HAE-Attacke Vorläufersymptome. Die rezidivierenden (wiederkehrenden) Schwellungsattacken können an verschiedenen Körperregionen auftreten.

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Was ist ein hereditäres Angioödem?

Das hereditäre Angioödem (HAE) gehört zu den seltenen Erkrankungen und aufgrund der Vielzahl an Symptomen und der häufigen Verwechslungen mit Allergien wird eine Diagnose oft erst spät gestellt.

Ein einfacher Bluttest sichert in der Regel die Diagnose. In Deutschland leben etwa 1.600 Menschen mit HAE, wobei eine deutlich höhere Anzahl an Betroffenen vermutet wird. Bisher ist eine Heilung des hereditären Angioödems nicht möglich, jedoch lassen sich die Schwellungsattacken gut behandeln. 

Mit modernen Therapien besteht für HAE-Patient:innen darüber hinaus die Möglichkeit, langfristig fast vollständig Attacken zu verhindern sowie eine gute Lebensqualität zu erreichen.

Besonders häufig betroffen sind: Gesicht, Hände, Arme, Beine, Füße und/oder der Magen-Darm-Trakt. Es kann ferner, wenn auch weniger häufig, zu lebensgefährlichen Schwellungen im Kehlkopfbereich kommen, die mit Atemnot verbunden sein können und im schlimmsten Fall zum Ersticken führen. Im Falle einer solchen Schwellung muss sofort ein Notarzt/eine Notärztin gerufen werden!

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Hautödeme im 
Gesicht

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Gastrointestinales 
Ödem

hände

Hautödeme an den 
Extremitäten
(Hände/Arme)

füße

Hautödeme an den 
Extremitäten
(Füße/Beine)

Hereditäres Angioödem Symptome: Wie lässt sich HAE erkennen?

Typische Anzeichen von HAE sind wiederholt auftretende starke, örtlich begrenzte Schwellungen (Ödeme) an verschiedenen Körperteilen. Sie können an der Haut von Händen, Füßen und Gesicht, aber auch im Magen-Darm-Trakt sowie manchmal auch an den Geschlechtsorganen und in der Blase auftreten. Vor allem Ödeme/Schwellungen der inneren Organe, insbesondere im Magen-Darm-Trakt, können unbehandelt kolikartige Schmerzen sowie Erbrechen und Durchfälle über mehrere Tage hinweg hervorrufen.

Checkliste für HAE-Symptome

Lebensbedrohlich sind Schwellungen am Kehlkopf (Larynxödem) und an der Luftröhre – Erstickungsgefahr droht! Es muss sofort ein Notarzt/eine Notärztin gerufen werden. Eine Schwellung des Kehlkopfes ist die häufigste Todesursache bei Patient:innen mit HAE.

WAS IST EINE HAE-ATTACKE?
Da die Schwellungen meist plötzlich auftreten und sich schnell entwickeln, werden sie auch als HAE-Attacken bezeichnet. Sie können mit schmerzhaften Spannungsgefühlen einhergehen und mehrere Stunden oder Tage anhalten. Oft ist kein klarer Auslöser für die Schwellung erkennbar. Erste Symptome des hereditären Angioödems treten zumeist im Kindes- und Jugendalter auf. Die HAE-typischen Schwellungen entstehen durch den erhöhten Austritt von Flüssigkeit aus den Blutgefäßen in das umgebende Gewebe, also Wassereinlagerungen in die Unterhaut (Subcutis).

MAN UNTERSCHEIDET HAUPTSÄCHLICH ZWEI ARTEN VON ANGIOÖDEMEN:
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MASTZELL-VERMITTELTE ANGIOÖDEME MIT JUCKREIZ UND QUADDELN

... treten meistens im Zusammenhang mit allergischen Reaktionen oder Urtikaria (Nesselsucht) durch übermäßige Histaminausschüttung auf. Typisch sind plötzlich auftretende Schwellungen mit flüssigkeitsgefüllten Blasen (Quaddeln) im Gesicht und an den Genitalien, die oft juckend und schmerzhaft sind.

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BRADYKININ-VERMITTELTE ANGIOÖDEME OHNE JUCKREIZ
(WIE BEI HAE)

... können durch bestimmte Medikamente (z. B. ACE- und AT-Hemmer) oder durch einen C1-INH-Mangel bzw. eine C1-INH-Fehlfunktion ausgelöst werden: Diese Schwellungen jucken nicht, durch den Druck im Gewebe können aber Schmerzen entstehen.

Das hereditäre Angioödem wird durch Bradykinin vermittelt. Es handelt sich um KEINE Allergie, deshalb spricht es NICHT auf Antihistaminika, Kortikosteroide oder Adrenalin an.

HAE-Ursachen: Was verursacht ein hereditäres Angioödem?

HAE entsteht durch einen zumeist erblich bedingten Defekt des Proteins (Eiweißes) C1-INH (auch C1-Inhibitor oder C1-Esterase-Inhibitor), welches unter anderem im Plasmakallikrein-Kinin-System eine wichtige Rolle spielt. Der häufigste Gendefekt, der zu einem Mangel oder zu einer Fehlfunktion des Proteins C1-INH führt, befindet sich auf dem Chromosom 11. Meistens wird die Mutation von einem ebenfalls betroffenen Elternteil geerbt, sie kann aber auch spontan auftreten (ca. 25 % der Fälle1). Das Protein C1-INH spielt eine wichtige Rolle in der Bildung von Bradykinin, einem Gewebshormon, das für die Regulation des Blutdrucks verantwortlich ist, indem es die Durchlässigkeit der Blutgefäße erhöht.

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Entstehung von HAE-Schwellungen

Bei HAE ist als Folge des C1-INH-Defekts die Konzentration von freiem Bradykinin erhöht. Dieser Überschuss an Bradykinin bewirkt, dass größere Mengen Flüssigkeit aus den Kapillaren (kleine Blutgefäße) in das umliegende Gewebe gelangen: Durch diese vorübergehenden Wassereinlagerungen entstehen die typischen Schwellungen (Ödeme).

WAS PASSIERT BEI EINER HAE-ATTACKE?

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Bei HAE führt ein Gendefekt zu einer erhöhten Menge an aktivem Plasmakallikrein.

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Aktives Plasmakallikrein fördert die Bildung von Bradykinin.

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Zu viel Bradykinin erhöht die Durchlässigkeit der Gefäßwände.

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Bei einer HAE-Attacke führt die erhöhte Durchlässigkeit dazu, dass zu viel Flüssigkeit in das Gewebe austritt. So entstehen die HAE-typischen Schwellungen.

HAE Typ 1 bis Typ 3: die unterschiedlichen HAE-Typen im Überblick

Es gibt drei Hauptformen von HAE. Am häufigsten treten die beiden Varianten HAE Typ 1 und HAE Typ 2 auf. Durch Labor- und ggf. genetische Tests lässt sich ermitteln, welcher HAE-Typ vorliegt.

HAE TYP 1


C1-INH-Mangel (C1-Esterase-Inhibitor-Mangel und -Fehlfunktion)

Betroffene können das Protein C1-INH nur eingeschränkt oder gar nicht produzieren. Ca. 85 % der Patient:innen gehören zum HAE Typ 1. Jedoch lassen die Laborwerte für das Protein C1-INH keinen Rückschluss auf Häufigkeit oder Schwere der Attacken zu.

HAE TYP 2


C1-INH-Fehlfunktion (C1-Esterase- Inhibitor-Fehlfunktion )

Der C1-INH ist in ausreichender Menge vorhanden, aber aufgrund des Gendefektes nicht funktionsfähig. Ca. 15 % der Patient:innen sind davon betroffen.

HAE TYP 3


HAE mit normalem C1-INH (HAE nC1-INH)

Unter dieser Gruppe wird eine Reihe von Erkrankungen zusammengefasst, bei denen der C1-Inhibitor nicht betroffen ist, jedoch können andere genetische Defekte eine erhöhte Konzentration von Bradykinin oder eine anderweitig bedingte erhöhte Gefäßdurchlässigkeit verursachen. Diese Variante des HAE, von der fast nur Frauen betroffen sind, ist außerordentlich selten und muss über einen Gentest bestätigt werden.

Vererbung von HAE in der Familie

Das hereditäre Angioödem (hereditär = erblich) wird innerhalb der Familie weitervererbt. 75 % aller Betroffenen haben den Gendefekt von einem Elternteil geerbt. Bei etwa 25 % der Betroffenen ist der Gendefekt durch eine Spontanmutation neu entstanden. Ganz gleich, ob es von einem Elternteil geerbt oder ob es durch eine zufällige Mutation neu entstanden ist: HAE kann an die Nachkommen weitervererbt werden. Die Vererbung erfolgt autosomal dominant d. h., das Risiko, den genetischen Defekt an die nächste Generation weiterzugeben, liegt bei 50 %. Frauen und Männer sind gleichermaßen häufig von HAE betroffen, jedoch kann bei Frauen die Ausprägung der Erkrankung schwerer sein.1

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Ist HAE ansteckend?

Das hereditäre Angioödem ist eine erblich bedingte Erkrankung (hereditär = erblich), die Ursache ist also ein Gendefekt. Das bedeutet, dass man sich damit nicht anstecken kann.

HAE-Auslöser: Was sind Auslöser von HAE-Attacken?

HAE-Attacken haben gelegentlich identifizierbare Trigger oder Auslöser. Häufig kann aber nicht nachvollzogen werden, was genau eine HAE-Attacke ausgelöst hat.

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Bei manchen Betroffenen beeinflusst eine körperliche oder seelische Belastung die Entstehung einer Attacke.

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Medikamente wie ACE- bzw. AT-Hemmer können Agioödeme auslösen.

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Ebenfalls wird häufig berichtet, dass Erkältungen, Operationen/Zahnoperationen oder Hormonveränderungen Trigger für Schwellungen sein können.

HAE-Vorboten: Anzeichen einer bevorstehenden HAE-Attacke

HAE-Symptome können plötzlich und ohne Vorwarnung auftreten. Viele HAE-Patient:innen bemerken jedoch häufig Vorboten oder sogenannte Vorläufer- oder Prodromalsymptome, die unmittelbar vor einer Attacke auftreten. Zu welchem Zeitpunkt und wie lange die Vorboten auftreten, ist individuell verschieden. Das Führen eines Tagesbuches kann helfen zu identifizieren, bei welchen Anzeichen Sie aufmerksam werden sollten.

ERSTE ANZEICHEN FÜR EINE HAE-ATTACKE KÖNNEN SEIN:

  • Grippeähnliche Symptome wie Abgeschlagenheit, Kopf- und Gliederschmerzen, Hitzewallungen, Heiserkeit, „Kloß im Hals-Gefühl und Schluckbeschwerden“
  • Kribbeln an den Hautstellen, an denen sich die Schwellungen zu entwickeln beginnen, ähnlich wie bei einem „eingeschlafenen Fuß“
  • Atembeschwerden
  • Hautausschlag als rote Punkte, Flecken oder Linien, die nicht jucken (Erythema Marginatum)
  • Bauchkrämpfe, Übelkeit und Erbrechen, Durchfall oder Verstopfung
  • Stimmungsschwankungen, ungewohnte Reizbarkeit oder Aggressivität

Achtung: Selbst bei leichten Symptomen im Mund- und Rachenraum und Atembeschwerden muss sofort notärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Ödeme im Rachen können die Atemwege blockieren und zu lebensbedrohlichen Zuständen führen. Je früher eine Akuttherapie gegeben wird, desto besser können ernste Situationen verhindert und belastende Attacken vermieden werden.

HAE-Diagnose: Wie wird ein hereditäres Angioödem festgestellt?

HAE kann mit einem einfachen Bluttest diagnostiziert werden. Bei einem Verdacht auf HAE wird der Patientin/dem Patienten Blut entnommen und in einem Labor werden die Blutwerte auf folgende Parameter überprüft: die Konzentration und Aktivität des C1-Inhibitors sowie die Konzentration des Komplementfaktors C4. Beim sehr seltenen HAE mit normalem C1-Inhibitor kann eine Genanalyse die Diagnose bestätigen.

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Herausforderungen bei der HAE-Diagnose und Verwechselung mit anderen Erkrankungen

HAE ist eine seltene Erkrankung, die vielen Ärzt:innen unbekannt ist. Daher wird HAE oft mit anderen Krankheiten verwechselt, die häufiger auftreten. Dies sind vor allem Allergien und allergische Hautreaktionen.

ERKRANKUNGEN, MIT DENEN HAE HÄUFIG VERWECHSELT WIRD:

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BEI HAUTSYMPTOMATIK

  • Urtikaria (Nesselsucht)
  • Allergische Hautreaktion
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BEI MAGEN-DARM-SYMPTOMATIK

  • Lebensmittelunverträglichkeit
  • Reizdarmsyndrom
  • Gallen- und Nierensteine
  • Appendizitis (Blinddarmentzündung)
  • Harnwegsinfektionen

Viele HAE-Patient:innen erhalten eine Vielzahl von Fehldiagnosen, bevor sie richtig diagnostiziert werden. Im Durchschnitt dauert es 8,5 Jahre, nachdem die ersten Symptome aufgetreten sind, aber auch deutlich längere Diagnoseverzögerungen sind möglich. Dies kann auch dazu führen, dass unwirksame oder unnötige Behandlungen gewählt werden, so zum Beispiel Antihistaminika oder Kortison bei einer vermeintlichen Allergie bis hin zu Operationen bei Verdacht auf eine Blinddarmentzündung.

HAE-Symptome treten oft schon in der Kindheit oder im jungen Erwachsenenalter auf. Da sie aber häufig nicht als solche erkannt werden, beeinträchtigt dies oftmals die Lebensqualität der Betroffenen. Dabei können Patient:innen von einer frühen Diagnose stark profitieren, denn moderne Therapien bieten die Möglichkeit eines effektiven Managements der Erkrankung und damit auch eines (fast) normalen Lebens.

Aus diesem Grund empfiehlt die internationale HAE-Leitlinie, bei Patient:innen mit wiederholten Angioödem-Attacken einem Verdacht auf ein HAE (Typ 1 oder 2) systematisch nachzugehen.

HINWEISE AUF EIN HAE3

  • Rezidivierende Abdominalattacken
  • Wiederkehrende Hautschwellungen ohne Juckreiz, ohne Quaddeln
  • Ödeme im Bereich der oberen Atemwege
  • Unbehandelte Attacken dauern typischerweise  2–7 Tage
  • Positive Familienanamnese (ca. 25 % Neumutationen)1
  • Erstmanifestation im Kindes- und Jugendalter
  • Vorhandensein von Prodromalsymptomen
  • Nichtansprechen auf Antihistaminika, Glukokortikoide, Omalizumab oder Epinephrin
Welche Laborwerte werden im Rahmen der HAE-Diagnose erhoben?

Besteht nach einer umfassenden Anamnese die Verdachtsdiagnose HAE, sind Laboruntersuchungen zur Diagnosesicherung notwendig. Dazu werden folgende Blutwerte bestimmt:

  • Konzentration des Proteins C1-Inhibitor
  • Aktivität des Proteins C1-Inhibitor
  • Konzentration des Komplementfaktors C4

C1-Inhibitor, kurz C1-INH, ist ein Protein, das eine Vielzahl von Funktionen innehat. Bei HAE ist die C1-INH-vermittelte Regulation der Produktion von Bradykinin im Kallikrein-Kinin-System gestört. Dies führt zu einer übermäßigen Bildung von Bradykinin, welches wiederum zu einer Ödembildung führt. Je nachdem, ob ein Mangel oder eine Fehlfunktion von C1-INH vorliegt, spricht man von HAE Typ 1 oder HAE Typ 2. Durch eine zusätzliche, übermäßige Aktivierung des Komplementsystems kommt es ferner zu einer Erniedrigung des Komplementfaktors C4. Diese Labortests können verlässlich ab dem 1. Lebensjahr durchgeführt werden.

DIAGNOSE BESTÄTIGEN

Die Labordiagnostik sollte bei klinischem Verdacht auf ein HAE durch C1-INH-Mangel laut WAO/EAACI-Leitlinie zum HAE-Management folgende Parameter umfassen.3 Zur Diagnose des HAE Typ 3 ist das Erkennen von klinischen Anzeichen zentral, da die Laborwerte im Normalbereich liegen.

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Familienmitglieder auf HAE testen

Bei einer positiven HAE-Diagnose ist es wichtig, dass andere Familienmitglieder auch auf HAE getestet werden. HAE ist genetisch bedingt und kommt daher zumeist gehäuft in Familien vor. 75 % aller Betroffenen haben HAE von einem Elternteil geerbt.1 Ein frühzeitiges Erkennen von HAE ist die Voraussetzung für einen zeitnahen Therapiebeginn, der starke Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betroffenen haben kann.

Hier finden Sie eine Vorlage, um einen Familienstammbaum zu erstellen.

HAE-Therapie: Wie wird ein hereditäres Angioödem behandelt?

Das hereditäre Angioödem ist eine seltene, genetische Erkrankung. Mithilfe moderner Medikamente ist sie gut behandelbar. Die Einstellung auf eine HAE-Therapie sollte immer in einem spezialisierten Zentrum erfolgen. Die Ärztinnen und Ärzte dort sind mit den Besonderheiten dieser seltenen Erkrankung vertraut und können Betroffene optimal unterstützen.

Möglichkeiten der HAE-Behandlung

FÜR EINE THERAPIE DES HEREDITÄREN ANGIOÖDEMS STEHEN DREI VERSCHIEDENE BEHANDLUNGSOPTIONEN ZUR VERFÜGUNG:

Langzeitprophylaxe
Kurzzeitprophylaxe
Behandlung einer akuten Attacke

ALS MEDIKAMENTE GIBT ES FOLGENDE PRÄPARATE:

  • Plasmakallikrein-Hemmer
  • C1-INH-Präparate
  • Bradykinin-B2-Rezeptor-Antagonisten (Blocker)

ALS BEHANDLUNGSZIELE EMPFIEHLT DIE AKTUELLE INTERNATIONALE HAE-LEITLINIE:3

  • Eine vollständige Krankheitskontrolle zu erreichen
  • Den Patient:innen ein normales Leben zu ermöglichen

     > Eine vollständige Krankheitskontrolle bedeutet für die Patient:innen, langfristig frei von Attacken zu sein.

     > Aktuell sind diese Behandlungsziele nach Ansicht der Leitlinien-Autor:innen nur mit einer Langzeitprophylaxe zu erreichen, die HAE-Attacken verhindert und so die Krankheitslast reduziert.

BEI JEDEM KONTROLLTERMIN: LANGZEITPROPHYLAXE PRÜFEN3

Bei jedem Kontrolltermin sollten alle Patient:innen überprüft werden, ob mit einer Langzeitprophylaxe ihr HAE besser kontrolliert werden kann. Bei der Beurteilung sind diese Kriterien zu berücksichtigen:

  • Krankheitsaktivität
  • Einschränkung der Lebensqualität
  • Krankheitskontrolle
  • Präferenzen des/der Patient:in

Ist ihr HAE gut kontrolliert? Machen Sie den Test!
Hier finden Sie die Fragebögen zur Beurteilung Ihrer Krankheitskontrolle und Ihrer Lebensqualität.

Das hereditäre Angioödem gehört zu den seltenen Erkrankungen. Daher sollte unbedingt ein/e HAE-fachkundige/r Arzt/Ärztin aufgesucht werden. Im gesamten Bundesgebiet gibt es spezialisierte HAE-Zentren.

Langfristige Vorbeugung von HAE-Attacken (Langzeitprophylaxe)

Die internationale HAE-Leitlinie empfiehlt, Betroffene bei jedem Kontrolltermin hinsichtlich einer Prophylaxe zu evaluieren.

DENN NUR SO LASSEN SICH LANGFRISTIG DIE OBERSTEN THERAPIEZIELE DER LEITLINIE ERREICHEN:

  • Eine komplette Krankheitskontrolle (= Attackenfreiheit) soll erreicht und die Lebensqualität der Betroffenen normalisiert werden.
  • Eine prophylaktische Therapie kann die Frequenz der Schwellungsattacken reduzieren oder sogar deren Auftreten vollständig verhindern.

Was ist eine Leitlinie?
Leitlinien sind von führenden Expertinnen und Experten entwickelte Behandlungsempfehlungen für Ärztinnen. Für alle Erkrankungen existieren Leitlinien, damit sich Ärztinnen und Ärzte über Behandlungsstandards informieren können. Die Leitlinien werden in festgelegten zeitlichen Abständen auf ihre Aktualität überprüft. 

BEHANDLUNGSOPTIONEN FÜR DIE LANGZEITPROPHYLAXE

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Kurzfristige Vorbeugung von HAE-Attacken (Kurzzeitprophylaxe)

Eine Kurzzeitprophylaxe kann in bestimmten Trigger-Situationen (z. B. vor einem operativen Eingriff) vor Schwellungsattacken schützen. HAE-Patient:innen haben zum Beispiel während und nach einer Zahnbehandlung, Magenspiegelung, Intubation oder Operation eine deutlich erhöhte Schwellungswahrscheinlichkeit. Um vor einer Attacke zu schützen, wird das Medikament vor einem medizinischen, zahnärztlichen oder chirurgischen Eingriff verabreicht.

BEHANDLUNGSOPTIONEN FÜR DIE KURZZEITPROPHYLAXE

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Eine akute HAE-Attacke behandeln (Akuttherapie)

Ziel der Akuttherapie ist es, einen schnellen Rückgang einer Schwellung herbeizuführen. Hierbei gilt: Je früher die Behandlung einsetzt, desto weniger schwerwiegend wird die Schwellung und desto schneller bilden sich die Symptome zurück. Sobald die Atemwege von einer Schwellungsattacke betroffen sind, besteht akute Lebensgefahr und sofortige Notfallmaßnahmen müssen eingeleitet werden.

  • Jede Attacke, die die oberen Atemwege betrifft oder potenziell beeinträchtigt, sollte behandelt werden.
  • Patienten sollten zudem ausreichend Medikamente für die Bedarfsbehandlung von mindestens zwei Attacken vorrätig haben
und diese immer mit sich führen.

BEHANDLUNGSOPTIONEN FÜR DIE AKUTTHERAPIE

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HAE-Verlauf und -Prognose: Worauf sollten sich Patient:innen einstellen?

HAE ist eine genetische, nicht heilbare Erkrankung, lässt sich aber bei frühzeitiger Diagnose gut behandeln.

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Eine der größten Schwierigkeiten stellt die oft lange Diagnosedauer dar. Von den ersten Symptomen bis zur Diagnose vergehen durchschnittlich 8,5 Jahre. Woran liegt das? Die Bekanntheit und der Kenntnisstand zu dieser Erkrankung ist bei vielen Ärzt:innen gering. Schließlich ist HAE eine von über 7.000 seltenen Erkrankungen.5

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Männer und Frauen können unter HAE leiden, doch Frauen sind im Durchschnitt stärker betroffen als Männer. In Schwangerschaften können die Attacken häufiger, seltener oder in unveränderter Zahl auftreten. Während und kurz vor der Geburt sind Schwellungen selten.

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Die Lebenserwartung ist nicht anders als bei nicht-erkrankten Menschen, solange eine möglichst zeitnahe Diagnose, eine adäquate Therapie sowie ein bewusster Umgang mit der Erkrankung erfolgt. Die Vermeidung bekannter Auslöser und Ergreifung prophylaktischer Maßnahmen kann sowohl die Lebenserwartung als auch die Lebensqualität nachhaltig erhöhen.

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Verlauf und Prognose eines HAE sind individuell sehr unterschiedlich. Das bedeutet, dass die Frequenz (Häufigkeit) und Intensität (Schwere) der Schwellungsattacken variieren und von diversen Triggerfaktoren abhängig sind. Einige Betroffene haben Schwellungsattacken in einem Abstand von wenigen Tagen, andere monatelang keine Attacken. Die Laborwerte für C1-INH liefern keine Rückschlüsse auf Häufigkeit oder Schwere der Attacken.

HAE-Servicematerialien und -Anlaufstellen: Wo finden HAE-Patient:innen Hilfe?

Neben den therapeutischen Maßnahmen existieren diverse Serviceangebote, die den Alltag, die Wahrnehmung bzgl. der Erkrankung und damit die Behandlungsqualität einer/s HAE-Patienten/HAE-Patientin verbessern können. 

Da es sich bei HAE um eine seltene Erkrankung handelt, gibt es spezialisierte Ärzt:innen und Zentren mit HAE-Erfahrung. Diese helfen sowohl bei der Diagnosestellung als auch beim langfristigen Therapiemanagement. 

Oft können auch andere Betroffene wertvolle Informationen liefern. 

HAE-Fragebögen online erhältlich

Das hereditäre Angioödem äußert sich bei jedem Betroffenen anders. Das bedeutet auch, dass individuelle Behandlungsstrategien für jede/n HAE-Patient:in notwendig sind. Um besser zu verstehen, ob die HAE-Therapie erfolgreich ist, sind an der Charité Universitätsmedizin Berlin für Patient:innen jeweils ein Fragebogen zur Lebensqualität (AE-QoL) und zur Krankheitskontrolle (AECT) entwickelt worden.

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Sie benötigen für die Fragebögen nicht länger als 5–10 Minuten.

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Welche Bedeutung hat der Fragebogen zur Krankheitskontrolle (AECT) bei der HAE-Therapie?

Der Angioödem-Kontrolltest gibt mit nur 4 Fragen Auskunft darüber, ob die Krankheit aktuell gut kontrolliert ist oder eine Therapieanpassung erwogen werden sollte.

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Warum sind Fragebögen zur Lebensqualität wichtig?

Der Angioödem-Lebensqualitätsfragebogen (AE-QoL) hilft HAE-Patient:innen und den behandelnden Ärzt:innen einzuschätzen, wie die Lebensqualität mit dieser chronischen Erkrankung ist und damit auch, ob die Therapie erfolgreich ist.

Die Fragebögen sollten etwa einmal im Quartal, zumindest aber bei jeder Kontrolluntersuchung, von den Patient:innen ausgefüllt und mit dem behandelnden Arzt/der behandelnden Ärztin besprochen werden.

* UCARE und ACARE stellen den Angioödem-Kontrolltest (AECT) sowie Angioödem-Lebensqualitätsfragebogen (AE-QoL) online zum Ausfüllen zur Verfügung. Die Urheberrechte des AECT und AE-QoL liegen bei der Moxie GmbH.

Literatur
  1. Banerji A et al. Allergy Asthma Proc 2011;36:403-7.
  2. Bork K et al. Allergo J Int 2019;28:16-29.
  3. Maurer M et al. Allergy 2022;77:1961–90.
  4. Zuraw BL et al. J Allergy Clin Immunol 2013;131(6):1491–3
  5. Haendel M et al. Nat Rev Drug Discov. 2020;19(2):77–8.

Fragen und Antworten

Was sind die Symptome von HAE? Wird HAE an mein Kind weitervererbt? Ist HAE heilbar? Antworten auf diese und viele andere Fragen rund um das hereditäre Angioödem finden Sie hier.

Wie wird HAE diagnostiziert?

Bei einem Verdacht auf HAE wird Ihre Ärztin/Ihr Arzt Sie erst einmal körperlich untersuchen und mit Ihnen ein Anamnesegespräch führen. Verfestigt sich der Verdacht kann durch Labortests ermittelt werden, ob HAE vorliegt

HAE-Symptome

Haben Sie den Verdacht, dass Sie unter dem hereditärem Angioödem - kurz HAE - leiden könnten? Auf welche Symptome und Anzeichen Sie achten sollten, finden Sie hier.