Charakteristische Symptome des hereditären Angioödems (HAE) sind wiederkehrende und lokal begrenzte starke Schwellungen (Ödeme) der Haut und an den Schleimhäuten, die unbehandelt 2–7 Tage andauern können. Im Gegensatz zu allergischen Schwellungen sind die Schwellungsattacken beim HAE ohne Juckreiz und Quaddeln.

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HAE-Symptome sind individuell verschieden

Erste Symptome eines HAE zeigen sich häufig in der Kindheit oder im jungen Erwachsenenalter, werden aber als solche kaum erkannt, da vielen Mediziner:innen die Schulung für diese seltene Erkrankung fehlt bzw. das Fachwissen nicht sehr verbreitet ist. Dauer und Schwere der HAE-Schwellungen sind bei den Betroffenen individuell verschieden und können von Attacke zu Attacke variieren. Häufig betroffene Körperregionen sind: Gesicht, Hände, Arme, Beine, Füße und der Magen-Darm-Trakt. 

HAE-Schwellungen im Magen-Darm-Trakt äußern sich als Bauchschmerzen. Schwellungen im Kehlkopfbereich können Atemnot verursachen und sind für Betroffene lebensgefährlich. Sie müssen sofort notärztlich behandelt werden. Vorboten einer solchen lebensgefährlichen HAE-Attacke können Schluckbeschwerden und Heiserkeit sein.

Um die Lebensqualität von Menschen mit HAE zu erhalten, sollten diese – möglichst dauerhaft – attackenfrei sein. Dies ist mit einer modernen Therapie in einem spezialisierten Zentrum möglich.

HAE-Symptome im Überblick

HAE ist gekennzeichnet durch wiederkehrende Schwellungsattacken auf der Haut und an den Schleimhäuten. 
Die Schwellungen treten häufig an Kopf und Hals, Rumpf, Armen 
und Beinen auf.

Die Ursache für das Entstehen eines hereditären Angioödems 
ist ein genetisch bedingter Defekt, der in der überwiegenden 
Zahl der Fälle zu einem C1-Esterase-Inhibitor-Mangel/Störung (HAE-Typ I) oder zu einer C1-Esterase-Inhibitor-Störung 
(HAE-Typ II) führt.

Dauer, Stärke, Frequenz und Körperregionen, an denen die Ödeme auftreten, sind individuell verschieden. Die typischen HAE-Schwellungen müssen nicht immer sichtbar sein, auch Schwellungen der Schleimhäute sind häufig. Sie können sich im Kehlkopf als Schluckbeschwerden und im Magen-Darm-Trakt als kolikartige Bauchschmerzen äußern.

Das hereditäre Angioödem wird häufig nicht erkannt, da diese seltene Erkrankung eine große Symptomvariabilität besitzt und bei Betroffenen und Mediziner:innen das Wissen darüber nicht sehr verbreitet ist.

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Typische Symptome für HAE: Krankheitsanzeichen von Betroffenen

Betroffene leiden unter den Symptomen des hereditären Angioödems, die – individuell verschieden – mehrmals wöchentlich bis nur wenige Male im Jahr auftreten können.

TYPISCHE HAE-SYMPTOME:

  • Schwellungen jucken in der Regel nicht (Juckreiz weist auf eine Allergie hin).
  • Fehlende Wirkung von Antihistaminika oder Kortison (wirksam bei allergisch bedingten Schwellungen).
  • Immer wieder auftretende anfallartige und krampfartige Bauchschmerzen, die mehr als 6 Stunden andauern und keine klare Ursache haben.
  • Häufig Vorläufersymptome/Vorboten vor den eigentlichen Attacken.
  • Erste Symptome im Kindes- und Jugendalter.
  • Eine oder mehrere Schwellungsattacken im Hals.
  • Oft sind Familienmitglieder betroffen. HAE ist eine vererbbare genetische Erkrankung, ca. 75 % der HAE-Patient:innen1 haben das defekte Gen von einem Elternteil geerbt. Bei einer genetischen Untersuchung von Blutsverwandten lassen sich zumeist auch andere Betroffene entdecken.

An welchen Körperstellen kann es beim hereditären Angioödem zu Schwellungen kommen?

Grundsätzlich können HAE-Schwellungen an allen Körperregionen auftreten.

Häufig sind: Hände, Füße, Arme, Beine und das Gesicht.

Auch im Magen-Darm-Trakt treten oft Schwellungen auf, die oft nicht als solche erkannt werden.

Achtung: Schwellungen im Kehlkopfbereich sind lebensgefährlich und müssen sofort vom Notarzt behandelt werden. Es besteht sonst Erstickungsgefahr.

HÄUFIGKEIT VON HAE-SCHWELLUNGEN AN KÖRPERTEILEN2

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Dauer, Frequenz und Intensität von HAE-Attacken

Dauer, Frequenz und Intensität der Schwellungsattacken sind individuell verschieden und von diversen (Trigger-)Faktoren abhängig. HAE-Attacken können mehrmals wöchentlich, monatlich oder jährlich auftreten und jede Attacke kann unbehandelt 
2–7 Tage andauern. HAE-Schwellungen treten bei manchen Betroffenen plötzlich auf, entwickeln sich in der Regel aber langsam über mehrere Stunden. HAE-Attacken im Bauchraum können mit starken Schmerzen beginnen, bevor Anzeichen von Ödemen (ein dicker Bauch durch austretende Flüssigkeit in die Bauchhöhle) erkennbar sind. Viele Betroffene nehmen vor einer Attacke sogenannte Vorboten oder Vorläufersymptome wahr.

Einschränkung der Lebensqualität

Für viele Patient:innen ist während der HAE-Attacken die Lebensqualität oft stark eingeschränkt. So kommt es vor, dass sie weder schul- noch arbeitsfähig sind. Oft wird es als schambehaftet empfunden, sich mit den sichtbaren Schwellungen in der Öffentlichkeit zu zeigen, beispielsweise wenn die Sehfähigkeit durch eine HAE-Schwellung am Auge eingeschränkt ist. Zudem können alltägliche (zum Beispiel Schuhe an- und ausziehen) oder berufliche (handwerkliche) Tätigkeiten nur eingeschränkt durchgeführt werden.

HAE-Symptome: Hautschwellungen

Hautschwellungen sind das auffälligste Symptom des hereditären Angioödems (HAE). Die farblosen, weißen oder leicht geröteten Schwellungen der Haut, die bei HAE-Patient:innen auftreten, sind zwar selbst nicht juckend oder schmerzhaft, der Druck im Gewebe kann aber zu einem unangenehmen Spannungsgefühl und zu Schmerzen führen. Je nach Lokalisation können die Schwellungen auch eine eingeschränkte Beweglichkeit verursachen.

In welchen Hautbereichen treten Schwellungen auf?

Von Hautschwellungen sind vor allem die Extremitäten (Arme und Beine), das Gesicht (Augen, Augenlider und Lippen) sowie der Genitalbereich betroffen. Ödeme können jedoch an allen Hautarealen auftreten.

HAE-Symptome: Magen-Darm-Trakt

Etwa die Hälfte aller symptomatischen Krankheitsverläufe des hereditären Angioödems sind Schleimhautschwellungen im Magen-Darm-Trakt.

Zu Beginn äußern sich die HAE-Schwellungen im Verdauungssystem meist als Bauchschmerzen, begleitet von kolikartigen Bauchkrämpfen zum Teil mit Übelkeit, Brechreiz und Erbrechen. Die Schmerzen und Belastungen sind häufig so stark, dass HAE-Patient:innen in dieser Zeit bettlägerig sind.

Im weiteren Verlauf einer HAE-Attacke kann es durch die Wasseransammlung im Bauchraum (Aszites oder Wasserbauch) und zum Teil wässrigen Durchfall (Diarrhö) zu einem starken Flüssigkeitsverlust kommen, der sogar zu einem hypovolämischen Schock (Kreislaufschock) führen kann.

Bauchschmerzen können jedoch ein Zeichen für unterschiedlichste Erkrankungen sein. 
Mehr dazu im Kapitel Verwechslungsgefahr.

HAE-Symptome: Atemwege, Schwellungen im Mund- und Rachenraum

Schwellungen im Bereich der Luftwege gehören zwar zu den eher seltenen HAE-Symptomen, bergen aber ein ernstes, mitunter sogar tödliches Risiko der Asphyxie (Ersticken). Die Hälfte aller HAE-Patient:innen haben im Laufe ihres Lebens jedoch mindestens ein Larynxödem.

Eine Verengung der Atemwege und damit eine Unterbrechung der Sauerstoffversorgung kann immer dann erfolgen, wenn Schwellungen am Hals oder Halsinneren, im Rachen und an der Zunge sowie im Bereich des Kehlkopfes (Larynxödem) auftreten. Dann besteht akute Erstickungsgefahr.

Können HAE-Attacken lebensbedrohlich sein?

Die Symptome des hereditären Angioödems sind in der Regel nicht lebensbedrohlich, auch wenn sie die Lebensqualität stark einschränken können. Treten die Schwellungen aber im Bereich der Atemwege auf, können sie eine akute Atemnot verursachen. Ohne angemessene Behandlung können Kehlkopfödeme tödlich sein.

LARYNXÖDEME - WAS IST IM ERNSTFALL ZU TUN?

  • Vorzeichen einer HAE-Attacke im Rachenraum erkennen und wahrnehmen (z. B. Schluckbeschwerden, Heiserkeit, Veränderung in der Stimme oder Engegefühl im Hals)
  • Sofort in die Notaufnahme fahren und dort kommunizieren, dass man möglicherweise gerade eine HAE-Attacke hat
  • Entsprechende Notfallmedikation direkt nutzen

Am besten ist es natürlich, wenn ein Larynxödem gar nicht erst auftritt. Um Schwellungsattacken grundsätzlich vorzubeugen, ist eine HAE-Therapie mit einer Langzeitprophylaxe möglich.

"Man spürt zunächst, dass irgendetwas anders ist – und dann bekommt man auf einmal keine Luft mehr!"

Eine Kehlkopfschwellung, in der Fachsprache Larynxödem genannt, kann für HAE-Betroffene und ihre Angehörigen sehr beängstigend sein. Wie sich das anfühlt, wird in diesem Video von der HAE-Patientin Lena und ihrer Mutter Nadine berichtet.

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HAE-Symptome: weitere Organe

Die für das hereditäre Angioödem (HAE) charakteristischen Schwellungen treten gelegentlich auch an weniger typischen Körperstellen wie im Gehirn, im Genitalbereich und an den Gelenken auf. Diese Schwellungen sind oft mit Schmerzen und Einschränkungen verbunden.

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GEHIRN

Im Gehirn entstehen sehr selten HAE-Schwellungen. Die Symptome können denen eines Schlaganfalls ähneln (Lähmungen und Bewusstlosigkeit). Es werden aber auch Krämpfe, vergleichbar mit denen eines epileptischen Anfalls, beschrieben.

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GENITALBEREICH, BLASE UND NIEREN

Diese Schwellungen bedeuten für die Betroffenen oft Schmerzen beim Wasserlassen und beim Geschlechtsverkehr.

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GELENKE UND MUSKULATUR

Die Beweglichkeit der Gelenke kann durch die Schwellung gestört sein, ebenso können Muskeln ihre Funktion nur unvollständig oder unter Schmerzen ausüben. Dies führt zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität.

Häufigkeit und Erstmanifestationen von HAE-Attacken

Die Attackenfrequenz eines hereditären Angioödems ist individuell verschieden. Manche Betroffene haben HAE-Symptome mehrmals wöchentlich, andere nur wenige Male im Jahr. Erstmanifestationen treten oft schon im Kindesalter auf, werden aber häufig mit anderen Erkrankungen oder typischen Kinderkrankheiten verwechselt, sodass oft Jahre oder sogar Jahrzehnte bis zur richtigen Diagnose vergehen.

Wann treten HAE-Attacken erstmalig auf?

Bereits im Säuglingsalter können HAE-Symptome auftreten und Schwellungen im Magen-Darm-Trakt werden oft als „normale Bauchschmerzen“ fehlinterpretiert. Bei anderen Betroffenen zeigen sich erste Symptome erst im Jugend- oder Erwachsenenalter; das Durchschnittsalter für Erstmanifestationen liegt jedoch bei 11 Jahren.

Wie oft treten HAE-Attacken auf?

Studien haben gezeigt, dass etwa ein Drittel aller Patient:innen mehr als eine Attacke pro Woche erleidet. Die Frequenz kann von täglichen bis zu wenigen Attacken im Jahr reichen. Einige Patien:innen berichten über Monate und Jahre, in denen sie gar keine HAE-Attacken hatten. Die Häufigkeit von Attacken kann im Laufe des Lebens variieren und wird bei Frauen zudem durch hormonelle Veränderungen (Pubertät, Wechseljahre) beeinflusst.

Ist HAE bei Männern und Frauen gleich häufig?

Männer und Frauen tragen mit gleicher Wahrscheinlichkeit die Genmutationen, die für HAE verantwortlich sind. Statistiken und auch Studien zeigen aber, dass Frauen ca. 60 % der HAE-Patient:innen ausmachen.

Dieser statistische Unterschied kommt vermutlich daher, dass Frauen eine höhere Wahrscheinlichkeit besitzen, schwere Symptome zu entwickeln und somit auch diagnostiziert zu werden. Der Signalweg, der für die HAE-Schwellungen verantwortlich ist, wird durch Hormone, vor allem Östrogene, beeinflusst. Zudem können im Zyklus der Frau und aufgrund von hormoneller Verhütung HAE-Attacken ausgelöst werden. Ebenso haben hormonelle Umstellungen in der Pubertät und der Menopause potenziell negative Auswirkungen auf das HAE.

Ablauf, Dauer und Intensität von HAE-Attacken

Wie oft, wie lange und wie intensiv HAE-Attacken auftreten, ist nicht vorhersagbar. Diverse (Trigger-)Faktoren spielen bei der Entstehung von Schwellungen eine Rolle.

Dauer einer HAE-Schwellung

Eine HAE-Attacke dauert unbehandelt 2–7 Tage. Dauer und Schwere können durch moderne Therapien verkürzt und minimiert werden. Eine vollständige Attackenfreiheit für alle Patient:innen kann mit zielgerichteten Therapien erreicht werden.

Wie lange dauern die akuten HAE-Symptome?

Viele HAE-Patient:innen spüren Tage oder Stunden vor der eigentlichen Attacke sogenannte Prodromalsymptome, also Vorboten der sich anbahnenden Attacke. Sie sind aber kein sicheres Anzeichen, da sie nicht immer zwingend in einer Attacke resultieren bzw. auch nicht jede Attacke mit Prodomalsymptomen kommt. Die Schwellung selbst nimmt über mehrere Stunden zu und klingt dann über mehrere Tage langsam wieder ab. Typisch für HAE-Attacken ist der wiederkehrende (rezidivierende) Charakter, allerdings gibt eine Attacke keinen Hinweis auf den Zeitpunkt oder die Intensität der nächsten Attacken. Wichtig ist jedoch: Je früher eine Notfallmedikation während einer Attacke eingenommen wird, desto schneller kann die Schwellung gestoppt werden.

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HAE-Vorläufersymptome: erste Anzeichen für HAE-Attacken

Viele HAE-Patient:innen nehmen vor dem eigentlichen Beginn der Symptome sogenannte Vorläufersymptome wahr. Diese sind bei jedem unterschiedlich und treten nicht jedes Mal auf.

Welche Vorboten für eine HAE-Attacke kann es geben?

Vorläufersymptome zeigen sich in der Regel 12–36 Stunden vor der Attacke. Ein Tagebuch kann helfen festzustellen, welche Symptome erste Anzeichen einer HAE-Attacke sein könnten. Betroffene haben von folgenden Vorläufersymptomen berichtet:

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ALLGEMEIN

Bevor die Schwellungen sichtbar bzw. fühlbar werden, sind komplexe Signalwege des Immunsystems bereits aktiviert. Dies kann Auswirkung auf den gesamten Körper haben und sich auf unterschiedliche Arten äußern:

  • Abgeschlagenheit oder ein starkes Krankheitsgefühl ähnlich wie bei einer Grippe mit Kopf- und Gliederschmerzen, Halsschmerzen, Schluckbeschwerden
  • Hitzewallungen, bei denen kurzzeitig ein starkes Hitzegefühl auftritt, zum Teil mit Schwitzen, das nach wenigen Minuten wieder verschwindet
  • Stimmungsschwankungen, ungewohnte Reizbarkeit oder Aggressivität
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HAUTSCHWELLUNGEN

Bereits bei einer beginnenden HAE-Attacke drückt Flüssigkeit aus dem Blut in das umliegende Gewebe. Das kann sich bemerkbar machen durch:

  • Kribbeln, da die Nerven durch den ansteigenden Gewebedruck gereizt werden. Dieses Kribbeln kann sich wie bei einem „eingeschlafenen Fuß“ anfühlen oder als ob Ameisen über die Haut laufen würden.
  • Roten, nicht-juckenden, girlandenförmigen Hautausschlag, wissenschaftlich Erythema marginatum genannt. Neben roten Punkten und Flecken können auch rote Linien und Kreise auftreten.
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RACHENRAUM

  • Atemnot
    Eine Verengung der Atemwege kann sich durch Pfeifen oder Keuchen beim Atmen äußern.
  • Schluckbeschwerden
    Diese können durch eine geschwollene Zunge entstehen oder Betroffenen das Gefühl vermitteln, „einen Kloß im Hals“ zu haben. Bei Kindern kann auffallen, dass sie nicht essen oder trinken möchten.
  • Raue Stimme oder Heiserkeit

    Diese Symptome treten bei Schwellungen im Bereich der Stimmbänder auf.

Achtung: Selbst bei leichten Symptomen im Rachenraum und Atembeschwerden muss sofort notärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Denn Ödeme im Rachen können die Atemwege blockieren und zu lebensbedrohlichen Zuständen führen. Je früher mit einer Akuttherapie begonnen wird, desto besser können ernste Situationen verhindert und belastende Attacken vermieden werden.
Grundsätzlich sollte mit den behandelnden Ärzt:innen besprochen werden, wie in Notfallsituationen zu verfahren ist. Medikamente zur Akutbehandlung müssen jederzeit zur Hand sein.

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BAUCHRAUM

In den Bauchraum kann eine große Menge an Flüssigkeit austreten, ohne dass es von außen klar sichtbar ist. Trotzdem können Bauchorgane verschoben und in ihrer Funktion beeinträchtigt werden. Dies kann zu folgenden Beschwerden führen:

  • Übelkeit mit Brechreiz und Erbrechen
  • Kolikartige, also krampfartige Bauchschmerzen
  • Veränderte Darmtätigkeit, sowohl wässriger Durchfall als auch Verstopfung

HAE-Auslöser: Was löst HAE-Attacken aus?

HAE-Attacken treten oft ohne erkennbaren Auslöser auf. Es gibt allerdings einige Faktoren, die das Risiko einer HAE-Attacke erhöhen. So haben Wissenschaftler:innen nachgewiesen, dass Hormone, wie vor allem Östrogen, in die Entstehung der Schwellungen eingreifen. Ebenso sind Situationen beschrieben worden, bei denen HAE-Patient:innen nach Zahn-OPs Schwellungsattacken durch die mechanische Beanspruchung im Halsbereich erlitten haben.

Auslöser einer HAE-Attacke

HAE-Attacken müssen keine nachvollziehbaren Auslöser haben. 

MÖGLICHE TRIGGER KÖNNEN SEIN:

  • Wetteränderungen (plötzlicher Wetterumschwung zu Hitze oder Kälte)
  • Hormonelle Veränderungen bei Frauen: Schwangerschaft, Geburt, Schwangerschaftsverhütung mit Östrogenen oder Menstruation
  • Mentaler Stress beruflich oder privat
  • Operationen, Infektionen oder auch Erkältungen
  • Medikamente (ACE-Hemmer bei Bluthochdruck)
  • Alkohol
An welchen Triggerfaktoren kann man HAE-Attacken erkennen?

Auslöser (Trigger) der Schwellungsattacken sind vielfältig und individuell verschieden. Schwellungsattacken können eine Reaktion auf Stress oder übermäßige (Vor-)Freude sein oder auch durch körperliche Belastungen und Verletzungen verursacht werden. Durch sorgfältige Selbstbeobachtung und Führen eines Tagebuchs kann herausgefunden werden, welche Reize mit Schwellungsattacken zusammenhängen. Wenn bestimmte Auslöser für HAE-Attacken identifiziert worden sind, kann man versuchen, diese Trigger zu vermeiden. Situationen mit besonders hohem Trigger-Potenzial, zum Beispiel Operationen oder Zahnarztbehandlungen, sollten HAE-Patient:innen im Vorfeld mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin besprechen.

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STRESS

Aufregung, Angst und Stress sind manchmal für HAE-Attacken verantwortlich. Dabei ist es egal, ob es sich um „positiven“ Stress handelt, wie bei einer Hochzeit oder vor einem Urlaub, oder um „negativen“, wie bei einer Kündigung oder einem Unfall.

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ERKRANKUNGEN

Ebenso können Krankheiten, wie Erkältungen, Attacken auslösen. Insektenstiche, bestimmte Nahrungsmittel (zum Beispiel scharfe Speisen) können sowohl HAE-Attacken, aber auch allergische bzw. anaphylaktische Reaktionen verursachen. Im Gegensatz zu letzteren sprechen HAE-bedingte Schwellungsattacken jedoch nicht auf Antihistaminika, Kortikosteroide oder Adrenalin an!

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KÖRPERLICHE BELASTUNG

Manchmal reicht eine stärkere Beanspruchung eines bestimmten Körperteils aus, um eine Schwellung hervorzurufen. Zum Beispiel kann längeres Tippen auf einer Tastatur oder der intensive Gebrauch eines Schraubenziehers Schwellungen an der Hand zur Folge haben.

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REIZUNGEN IM MUND-/RACHENRAUM

Von allen Reizen, die Attacken auslösen können, sind Verletzungen und Reizungen im Mund- und Rachenraum besonders gefährlich, denn Schwellungen in diesen Bereichen können zu einem Verschluss der Atemwege und damit zum Ersticken führen. Deshalb ist es zum Beispiel bei zahnärztlichen Behandlungen besonders wichtig, dass Sie HAE-Medikamente dabeihaben oder in Absprache mit dem/der behandelnden Arzt/Ärztin eine vorbeugende Therapie anwenden.

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HORMONE

Hormone spielen gerade bei Frauen eine wichtige Rolle: Monatsblutungen, Schwangerschaft oder auch die Einstellung auf die oder die Umstellung der Pille können Attacken auslösen.

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BLUTDRUCKSENKENDE MITTEL

Blutdrucksenkende Mittel, vor allem ACE- und AT- Hemmer können Angioödeme (Schwellungen) verursachen. Die Anwendung dieser Medikamente sollte bei HAE-Patient:innen vermieden werden.

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VERLETZUNGEN/OPERATIONEN

Betroffene berichten, dass sie während oder nach operativen Eingriffen (vor allem Zahn-OPs) oder Verletzungen (z. B. Beulen, Schürfwunden) HAE-Attacken bekommen haben.

Es besteht die Möglichkeit, HAE-Attacken vorzubeugen, indem Auslöser wie Stress, östrogenhaltige Verhütungsmittel oder blutdrucksenkende Medikamente (AT- oder ACE-Hemmer) geringgehalten bzw. gemieden werden.

Gibt es Medikamente, die nicht-allergische Angioödeme auslösen können?

Einige häufig eingesetzte Medikamente erhöhen das Risiko für eine HAE-Attacke:

  • Östrogen: wird im Rahmen der Schwangerschaftsverhütung eingesetzt. Für HAE-Patientinnen wird daher die Einnahme von Gestagen-Präparaten empfohlen. Frauen sollten ihre/n Frauenärztin/Frauenarzt fragen, welche Verhütungsoptionen für sie infrage kommen.
  • ACE-Hemmer und AT-I-Rezeptoragonisten: werden zur Senkung des Blutdrucks eingesetzt. Sie sollten bei HAE-Patient:innen nicht verwendet werden. Wenn Sie wegen hohen Blutdrucks behandelt werden müssen, ist es wichtig, dass Ihr/e Arzt/Ärztin über HAE Bescheid weiß und dies bei der Wahl des Medikaments berücksichtigt.

KONTAKTIEREN SIE IHRE/N ÄRZTIN/ARZT …

… vor einem zahnärztlichen Eingriff.

… vor einer invasiven Behandlung.

… vor einer Operation.

… vor Ihrem Urlaub.

Verwechslungsgefahr von HAE mit anderen Erkrankungen

Das hereditäre Angioödem ist eine seltene Erkrankung mit ca. 1.600 bekannten Betroffenen in Deutschland; die Dunkelziffer ist vermutlich höher. Die Symptome eines HAE werden immer wieder mit anderen Erkrankungen, die häufiger auftreten, verwechselt. Die typischen, wiederkehrenden Schwellungsattacken werden oft als allergische Hautreaktionen oder Nesselsucht (Urtikaria) fehldiagnostiziert. Daher ist die Abgrenzung zu anderen, ähnlich erscheinenden Krankheiten mittels differenzialdiagnostischer Untersuchungen wichtig. Bis HAE-Betroffene die richtige Diagnose und wirksame Therapien erhalten, vergehen oft viele Jahre.

Erkrankungen, mit denen HAE häufig verwechselt wird

HAE kann sich durch wiederkehrende krampfartige Bauchschmerzen äußern, wenn Schwellungen der Schleimhäute im Magen-Darm-Bereich vorliegen.

VERWECHSLUNGSGEFAHR BEI ABDOMINALEN SYMPTOMEN BESTEHT MIT:

  • Lebensmittelunverträglichkeiten
  • Reizdarmsyndrom
  • Appendizitis (Blinddarmentzündung)
  • Gallen- oder Nierensteinen
  • Harnwegsinfekten

DIE HAUTSCHWELLUNGEN KÖNNEN VERWECHSELT WERDEN MIT:

  • Urtikaria (Nesselsucht)
  • Allergischen Hautreaktionen
Unterschied zwischen einer allergischen Schwellung und HAE

Rein anamnestisch, also durch Befragung und körperliche Untersuchung, lassen sich allergische und HAE-bedingte Schwellungen nicht sicher unterscheiden. Dies ist jedoch wichtig, denn die Pathogenese (Krankheitsentstehung) ist verschieden.

Allergische Reaktionen sprechen in der Regel auf Antihistaminika, Kortikosteroide oder Adrenalin gut an, HAE-Attacken dagegen nicht. Bei HAE-Attacken sind Kallikrein-Inhibitoren, Bradykinin-B2-Respetorantagonisten und C1-Inhibitor-Konzentrate wirksam.

Typisch für HAE ist auch, dass die Attacken ohne erkennbare Auslöser auftreten und wiederkehren. Zudem jucken HAE-Schwellungen in der Regel nicht.

Unterschied zwischen HAE-Bauchattacken und anderen Bauchbeschwerden

Bauchschmerzen, insbesondere bei Kindern, können viele Ursachen haben. Grundsätzlich empfiehlt es sich, darauf zu achten, ob sie im Zusammenhang mit Essen, Ausscheidung oder sonstigen Ereignissen stehen. Treten sie öfter auf oder zeigen sich Ödeme an anderen Körperteilen, könnte ein hereditäres Angioödem vorliegen. Es sollte dann auf jeden Fall ein/e Arzt/Ärztin hinzugezogen werden.

Bauchattacken: Nahrungsmittelallergie oder hereditäres Angioödem?

Wiederkehrende Bauchschmerzen sollten immer von einem/r Arzt/Ärztin abgeklärt werden, denn die Ursachen können vielfältig sein. Oft wird eine Nahrungsmittelallergie als ursächlich für die rezidivierenden, kolikartigen Bauchschmerzen in Betracht gezogen, selten jedoch ein hereditäres Angioödem.

EINIGE CHARAKTERISTIKA SIND JEDOCH TYPISCH FÜR EIN HAE:

  • HAE-Schwellungen sprechen nicht auf Antihistaminika oder Kortikosteroide an, Nahrungsmittelallergien in der Regel schon.
  • Nahrungsmittelallergien beginnen häufig mit einem oralen Allergiesyndrom.
  • Beim hereditären Angioödem kommt es unmittelbar nach der Nahrungsaufnahme zu starken Bauchschmerzen, die häufig mit einer Blinddarmentzündung verwechselt werden.

Literatur

  1. Maurer M et al. Allergy 2022;77:1961–1990.
  2. Bork K et al. Am J Med 2006;119:267–274.

Fragen und Antworten

Was sind die Symptome von HAE? Wird HAE an mein Kind weitervererbt? Ist HAE heilbar? Antworten auf diese und viele andere Fragen rund um das hereditäre Angioödem finden Sie hier.

Was ist HAE?

Das hereditäre Angioödem (HAE) ist eine potenziell lebensbedrohliche Erkrankung, die durch attackenhafte Schwellungen der Haut und Schleimhäute gekennzeichnet ist.

Wie wird HAE diagnostiziert?

Bei einem Verdacht auf HAE wird Ihre Ärztin/Ihr Arzt Sie erst einmal körperlich untersuchen und mit Ihnen ein Anamnesegespräch führen. Verfestigt sich der Verdacht kann durch Labortests ermittelt werden, ob HAE vorliegt.